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Das Abhören von Tonbandeinspielungen
Erkennen und Beachten von Fehlerquellen
Vortrag von Theo Bleitgen
gehalten auf der Jahrestagung 1998 des VTF in Fulda
Bei der computergestützten Stimmenanalyse zeigt sich immer wieder
mit großer Deutlichkeit, welche Fehler bei der Interpretation von
Stimmenbeispielen entstehen können. Daß gewisse Vorstellungen
des Experimentators in das Ergebnis einer Abhörsitzung mit einfließen
können, ist leider nicht vermeidbar, und wer könnte von sich
behaupten, fehlerfrei hören zu können? Fehlinterpretationen,
beim Abhören von Stimmenbeispielen sind deshalb nahezu unvermeidbar
und man kann sie, wie in anderen Situationen auch, als ganz natürlichen
Bestandteil eines Entscheidungsprozesses ansehen. Die Ursachen dazu sind
allerdings sehr unterschiedlich und vielfältig, und so darf bei der
Beurteilung, ob eine Stimme richtig oder falsch gehört wurde, nicht
pauschal verfahren werden. Hier muß der Mensch mit seinem Gehör,
die Abhörapparatur als technische Größe und sogar der Abhörraum
mit seinen akustischen Besonderheiten mit einbezogen werden. Denn alle
genannten Größen sind mit mehr oder weniger großen Fehlern
behaftet, die es zu beachten gilt. Die Abhörproblematik bei krankheitsbedingtem
Leistungsabfall des Gehörs, soll in diesem Zusammenhang nicht behandelt
werden.
Was allerdings weniger bekannt ist und Anlaß zu vielen Fehlinterpretationen
gibt, ist der sogenannte hörpsyschologische Verdeckungseffekt. Dieses
Phänomen bringt uns nämlich oft in die unangenehme Lage, Toninformationen
mit geringer Lautstärke einfach zu überhören, wenn unmittelbar
davor oder danach ein lauteres Tonereignis zu hören war. Sei es nun
eine laute Durchsage, ein Pfeifton oder sogar des Geräusch des zurückfahrenden
Bandes beim Repetieren auf dem Recorder, auf jeden Fall verschiebt sich
dadurch unsere Hörschwelle auf ein höheres Niveau. Dieser Vorgang
wird in der Akustik als Vor- oder Nachverdeckung bezeichnet und bestimmte
Teile einer vorher zusammenhängenden Information können dadurch
gekürzt werden und verlieren ihren eigentlichen Sinn.
Da unsere Hörschwelle sowohl lautstärkeabhängig wie auch
frequenzabhängig ist, bewirken auch länger andauernde statische
Geräusche eine Verdeckung von Teilinformationen.
Ein starkes Rauschen, zum Beispiel, kann mit seinen vielen hohen Frequenzen
die in einer Information enthaltenen tieferen Frequenzanteile so stark
verdecken, daß ein sicheres Erkennen der Stimme teilweise nicht mehr
möglich ist. Ebenso verhält es sich bei einer Aufnahme, bei der
die tieferen Frequenzanteile stark dominierend sind. Und so ist man nach
dem Filtern von Stimmenbeispielen oft verwundert, welche Tonfülle,
bzw. welche Informationen plötzlich zu Tage treten können, nachdem
ein Teil dieser Störung entfernt wurde. Hat ein Experimentator keine
Möglichkeit, seine Einspielung von Störungen zu befreien, so
wird er solange immer wieder abhören, bis er etwas Passendes in die
Stimme hineininterpretiert hat. Denn ob er will oder nicht, sein Gehirn
wird ihm so lange immer wieder Erkennungsmuster zur Entscheidung vorlegen,
bis es zu einem Ergebnis gelangt ist. Ob nun das Ergebnis in diesem Falle
richtig oder falsch ist, kann nur mit einer weiteren Überprüfung
beantwortet werden. Auf jeden Fall wird sich so das letzte und beste Erkennungsmuster
in seinem Gedächtnis fest verankern, und auch nach Jahren wird er
es immer wieder gleich interpretieren.
Für äußerst bedenklich halte ich persönlich auch
so manches als paranormal deklarierte Stimmenbeispiel, das sich zum Beispiel
aus den Informationen zweier unterschiedlicher Sprecher zusammensetzt,
und das zufällig einen verwertbaren Sinn ergibt. Beim Abhören
von Einspielungen - aufgenommen auf Kurzwelle oder Mittelwelle -, dort,
wo Tonereignisse unterschiedlicher Lautstärke, Tonhöhe und Informationsgehalt
unser Ohr gleichzeitig treffen, kann sich die Vor- und Nachverdeckung,
sowie die Überlagerung mit starken Breitbandgeräuschen bei der
Beurteilung von Stimmen unter Umständen katastrophal auswirken. Aber
auch bei ganz klar verständlichen normalen Rundfunksendungen, z.B.
auf UKW, sowie auch im direkten akustischen Dialog mit einem anderen Gesprächspartner,
ist dieser Effekt zu beobachten. Und wem ist es nicht schon einmal passiert,
daß er bei seinem Gesprächspartner, ein- oder mehrmals um Wiederholung
eines bestimmten Wortes gebeten hätte? Unachtsamkeit, verminderte
Hörfähigkeit oder eine verzögerte Prüfung des Gehirns
mittels seiner Gedächtnisspeicher können hierbei die Ursache
sein. Ein auf das Gehör einwirkender Reiz bestimmter Priorität,
setzt nämlich gleichzeitig die Empfindlichkeit für andere Reize
herab.
Eine wichtige Eigenschaft des menschlichen Gehörs ist auch die
Fähigkeit, seine Empfindlichkeit einer bestimmten, gerade herrschenden
mittleren Schall-Lautstärke anzupassen. Ähnlich wie sich das
Auge an verschiedene Helligkeitswerte anpassen kann. Dadurch wird z.B.
ein gleichmäßiges Hintergrundgeräusch im Höreindruck
stark zurückgedrängt, wenn es länger auf das Gehör
einwirkt. Dies kann auch schon der Fall sein, wenn eine bestimmte Bandstelle
zum Abhören immer wieder repetiert wird, und das Ohr dabei für
ein bestimmtes Wort oder einen Satz adaptiert ist. Auch das Rauschen in
einer Aufnahme wird somit einfach weggehört. Menschen, die sich ständig
in einer lärmerfüllten Umgebung aufhalten, werden mit der Zeit
gegen diesen Lärm unempfindlich. Und oft hört man auf die Frage
"Wie kannst du das in diesem Lärm nur aushalten?" die Antwort: "Das
hör‘ ich doch schon gar nicht mehr!"
Um zu einer Bewertung über das akustische Hörereignis zu kommen,
muß sich das Gehör aus den vielfältigen Reizwirkungen ein
Bezugssystem, auch Anpassungsniveau genannt, bilden, an dem es sich orientieren
kann. In einer Einspielung, z.B. auf der Jürgensonwelle, soll es alles,
was es dort in einem fürchterlichen Wirrwarr von unterschiedlichen
Stimmen, Tönen, Rauschen, Krachen und Zischen antrifft, sortieren,
erkennen und bewerten. Es muß zudem sein Urteil abgeben, ob das Hörereignis
hoch, tief, hell, dunkel, laut, leise, schnell oder langsam, oder sogar
auf- und abschwellend ist. Das Gehör hat dabei kaum Zeit sich auf
etwas Bestimmtes zu konzentrieren, und so kommt es, daß die Einspielung
mehrfach gehört werden muß, um sich zunächst einmal einen
groben Überblick zu verschaffen.
Dies ist nur ein kleiner Teil einer Wahnsinnsleistung, die unser Gehör
in jeder Millisekunde des Abhörens vollbringt. Dazu steht es noch
in ständiger Verbindung mit dem Gehirn und seinen Gedächtnisspeichern,
um zu entscheiden, was nun paranormal sein könnte oder nicht. Wer
hat es nicht schon einmal erlebt, daß er nach einer abendlichen Abhörsitzung
müde und abgespannt den Recorder ausgeschaltet hat, um dann am nächsten
Tag das Abhören frisch und erholt fortzusetzen? Dies allerdings mit
einer erstaunlichen Feststellung: Dort, wo am Vorabend Stellen ohne erkennbare
Informationen auf dem Band festgestellt wurden, konnte man plötzlich
verstehbare und intelligente Äußerungen hören. Und auch
dort, wo man um das Verstehen einer Äußerung gekämpft und
gerungen hatte, war der Text plötzlich ohne Anstrengung klar zu verstehen.
Ebenso konnte es aber auch passieren, daß eine Stimme, von der man
glaubte, sie zu 100% verstanden zu haben, plötzlich etwas ganz anderes
aussagte. Dies gilt übrigens auch für das Abhören von Bändern
nach Tagen, Wochen oder sogar Monaten. Vielfach wird nun dabei angenommen,
daß es sich um Informationen handelt, die von den jenseitigen Gesprächspartnern
nachträglich auf Band gebracht, oder vorhandene Teile verändert
wurden und die, logischerweise, dann als paranormal eingestuft werden.
Technisch nüchtern betrachtet wäre es jedoch unlogisch, warum
die Jenseitigen sich bemühen sollten, unter den Hunderten von eng
aufeinander liegenden Bandwickeln der Tonbandspule, gerade ein Wort oder
einen Satz herauszusuchen, um nur daran eine Veränderung vorzunehmen.
Und das alles bei ausgeschaltetem Recorder. Außer mit dem bekannten
Band-Kopiereffekt wäre eine andere Erklärung keinem Tontechniker,
Akustikfachmann oder Wissenschaftler plausibel zu machen. Denn infolge
der Kopierdämpfung des Bandes, die etwa bei -40 bis -50 dB liegt,
sind nämlich nur die bekannten Vor- und Nachechos in den Pausen leise
hörbar. Auf keinen Fall kopiert sich also das Echo einer Stimme, in
der gleichen Lautstärke wie das Original von einer Spur auf die andere.
Wird also in den Sprechpausen eine leise Stimme erkannt und soll sie gedeutet
werden, dann muß auch der entsprechende Bandabschnitt unbedingt auf
ein mögliches Echo vom benachbarten Bandwickel aus, untersucht werden.
Diese speziellen Untersuchungen sind auf einem entsprechend ausgerüstetem
Computer durch Sichtbarmachen auf dem Bildschirm, in hervorragender Weise
zu machen.
Die vorausgegangenen Ausführungen befaßten sich nur mit einem
geringen Teil dessen, was die gesamte Abhörproblematik darstellt,
und es würde den Rahmen dieses Vortrages sprengen, wollte man auf
alle Probleme eingehen, die damit verbunden sind. Eines ist jedoch sicher:
Da es sich bei den paranormalen Stimmen um ein wie immer geartetes Phänomen
handelt, welches sich u.a. auch auf unseren magnetischen Tonträgern
hörbar und reproduzierbar manifestiert, so ist es doch auch ein technisches
Problem, was es zu lösen gilt. Meiner Ansicht nach ist es deshalb
unverzichtbar, daß wir nach mehr als 20 Jahren Tonbandstimmenforschung
alles, was uns derzeit an moderner Technik zugänglich ist, zur Verbesserung
in die Waagschale werfen sollten. Unerheblich ist dabei, die Entstehung
des Stimmenphänomens begreifen zu wollen.
Wenngleich ich auch davon überzeugt bin, daß wir unsere Probleme
mit der Technik alleine nicht lösen können, so kann sie uns zumindest
einen hörbaren Vorteil verschaffen und uns u.U. davor bewahren, immer
wieder in eine falsche Richtung gehen zu müssen. Und selbst wenn wir
durch den massiven Einsatz von Technik nur einen Teil der Erkenntnis erlangen
könnten, daß es mit ihr alleine nicht weitergeht, und wir unsere
Forschung nur auf rein geistiger Ebene fortsetzen müßten, dann
hätte sich der Einsatz damit schon mehr als gelohnt. Denn bisher können
wir nicht einmal entscheiden, ob es alleine mit dem Einen oder dem Anderen
- oder mit beiden Möglichkeiten zugleich funktioniert.
Wenngleich wir uns bei unserer Forschung vermutlich auch noch lange
Zeit zwischen Erfolg und Nichterfolg bewegen werden, so bleibt uns doch
die Hoffnung auf das, was uns die Stimmen aus dem Jenseits vermitteln wollen,
nämlich: "Es gibt ein Leben nach dem Tod!"
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