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Die Tonbandstimmenforschung beschreitet neue Wege

von Theo Bleitgen

Vor etwa drei Jahren wurde die Idee geboren, die für Computerspiele eingesetzte Technik, die es gestattete, bewegte Bilder mit entsprechend akustischen Informationen zu unterlegen, auch in der Tonbandstimmenforschung einzusetzen. Ohne den beschwerlichen Weg noch einmal beschreiben zu müssen, welcher zwischen der Ursprungsidee und dem heute für unsere Forschung einsetzbaren Endprodukt liegt, muß man feststellen: Es hat sich gelohnt!

Die Möglichkeit nämlich, Stimmenbeispiele in einer hervorragenden Qualität aufzuarbeiten und von Störgeräuschen befreien zu können, kann als ein Meilenstein in der Tonbandstimmenforschung bezeichnet werden. Auch die Voraussage, daß die Tonbandstimmenforschung irgendwann an der digitalen Technik nicht mehr vorbeikommt, wurde durch die bisher erzielten Ergebnisse voll bestätigt.

Vom akustischen Verstehen der Tonbandstimmen könnte der zur Zeit erreichte Standard als ausreichend bezeichnet werden. Sind wir doch mittlerweile mit der neuen Filtertechnik in der Lage, eine Tonbandstimme individuell für jedes Gehör anpassen zu können, wenn die Vorgaben entsprechend genau definiert werden. Wem allerdings die mit der neuen Filtertechnik erreichbare Verständlichkeit von Stimmenbeispielen noch nicht genügt, der wird sich vermutlich auch erst dann zufriedenstellen lassen, wenn wir Nachrichtenqualität liefern können.

Die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet wird uns in Zukunft bestimmt noch einige neue Möglichkeiten eröffnen, mit denen sich bestimmte Verbesserungen erzielen lassen. Es stellt sich aber diesbezüglich die Frage, ob wir die Stimmenbeispiele überhaupt noch genauer und besser filtern müssen, als dies zur Zeit möglich ist. Wenn wir uns also dazu entschließen, die Filtertechnik zunächst auf Sparflamme weiterkochen zu lassen, dann heißt das nicht, daß wir in der Stimmenforschung am Ende der digitalen Fahnenstange angekommen sind. Dem Technikerteam soll mit dieser Maßnahme lediglich ein wenig Freiraum verschafft werden, um Prioritäten für andere Forschungsarbeiten setzen zu können. Die Basis ist gelegt, und es kann sich jeder im VTF, der es möchte, mit unserer Unterstützung an der Stimmenfilterung und der Weiterentwicklung beteiligen.

Bei der wissenschaftlichen Analyse von Stimmenbeispielen und der Erforschung über die Entstehung des Stimmenphänomens in unserer Daseinsebene wird uns die digitale Technik noch einiges an Überraschungen zu bieten haben. Aber gerade hier sind wir an einem Punkt angelangt, wo einfaches Experimentieren nicht mehr ausreicht und wir uns speziell mit diesen neuen Techniken ausführlich auseinandersetzen müssen. Nur das Verstehen der in unserer Welt gültigen physikalischen Gesetze sowie der Einsatz modernster Technik wird uns ein Stück auf dem eingeschlagenen technischen Weg weiterbringen können. So wird denn auch das nächste für unsere Forschung in Angriff genommene Projekt bestimmt ebenso aufregend und hoffentlich genauso erfolgreich werden, wie es die digitale Stimmenfilterung war.

Gemeint ist hier die Eingabe von Sprache in einen dazu vorbereiteten Computer, welcher den gehörten Text auf dem Bildschirm sichtbar macht oder auf einem Drucker ausgibt. Sinn der Sache ist es, diese zur Zeit mit recht vielversprechenden Aussichten in der Industrie verfolgte Technik auch für die Tonbandstimmenforschung nutzbar zu machen.

Man könnte sich nun fragen: "Was soll uns, angesichts der doch perfekt funktionierenden Sprach-Ein- und -Ausgabe auf dem Computer bzw. der hervorragenden Filtermöglichkeiten, ein neues Forschungsprojekt in diesem Bereich eigentlich noch für Verbesserungen bringen?

Das von Büroprofis angestrebte Ziel, Diktate, Anweisungen und ganze Abhandlungen mittels Mikrofon vom Computer digitalisieren und aufzeichnen zu lassen, um es dann, ohne Zwischenschaltung einer manuellen Eingabe, auf einem Drucker auszugeben, ist mittlerweile realisiert worden. Hierbei ist also nicht gemeint, Sprache in analoger Form vom Computer digitalisieren und speichern zu lassen, um sie dann über eine Audiokarte als analogen Signal wieder hörbar zu machen.

Sprache wird als analoges Signal von bestimmten Rechenalgorithmen untersucht und nach verschiedenen festgelegten Kriterien beurteilt. Das Resultat wird im Vergleich mit vielen gespeicherten Referenzmustern schließlich als Schrift ausgegeben. Was sich hier so einfach anhört, ist ein unerhört komplizierter Prozeß, an dessen Entwicklung schon über viele Jahre hinweg große Firmen in aller Welt beteiligt sind. Die menschliche Sprache ist ein sehr komplizierter Vorgang und Wissenschaftler sind sich darüber einig, daß eine Maschine wohl nie fähig sein wird, sie hundertprozentig nachzuahmen.

Die zwischen Ein- und Ausgabe liegende Genauigkeit hat jedoch schon eine enorm hohe Trefferquote erreicht. Professionelle Programme erlauben in gewissen Grenzen diesbezüglich sogar schon eine sprecherunabhängige Spracheingabe, wobei auch ein leichtes Hintergrundgeräusch vom Computer nicht mehr zu Fehlinterpretationen führt. Eine Beschränkung auf die wesentlichsten Merkmale in unsrer Sprache macht es möglich.

Sollte es uns gelingen, in absehbarer Zeit diese Technik in unsere Tonbandstimmenanalyse erfolgreich einbinden zu können, so könnte dies wieder zu einem Meilenstein in unserer Forschung werden. In jedem Fall könnte man damit die Genauigkeit der Interpretation von Stimmenbeispielen steigern. Als ein von der Maschine ermitteltes Prüfergebnis wären die Tonbandstimmen, bisher von skeptischen Wissenschaftlern belächelt, weniger angreifbar. Zugegeben, es ist ein verwegenes Projekt, wenn man bedenkt, unter welch schwierigen Bedingungen wir eine paranormale Stimme aus einer Einspielung heraushören müssen. Aber wer hätte es zum Beispiel noch vor einigen Jahren für möglich gehalten, daß man Stimmenbeispiele in der uns heute möglichen Qualität filtern könnte?

Das auf der diesjährigen Fuldatagung vorgestellte professionelle Restaurationsprogramm "DART" und das semiprofessionelle Filterprogramm "COOL-EDIT" (siehe Software zum Downloaden) wird eine entscheidende Rolle bei der Vorfilterung der ausgewählten Stimmenbeispiele haben. Im Hinblick auf einen möglichen Erfolg des Projektes hätte sich sogar die bisher in die Filtertechnik investierte Arbeit gelohnt. Zur Zeit werden die Möglichkeiten ausgelotet, was uns industriell gefertigte Geräte und professionell erstellte Programme bieten können.

Als Fortsetzung dieses Beitrages ist geplant, dem interessierten Leser einen Einblick in dieses Thema zu verschaffen und ihn über unseren Forschungsstand zu unterrichten. Für Anregungen mit evtl. fachspezifischem Wissen bzw. die Angabe von Bezugsadressen für bestimmte Gerätschaften ist Ihnen das Technikerteam dankbar. Von der Umsetzung in unsere Tonbandstimmenforschung kann jeder von Ihnen profitieren.


(Quelle: VTF-Post P 85, Heft 4/96)