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Welchen Einfluß können paranormale Tonbandstimmenphänomene

auf die Entwicklung eines Menschen ausüben?
von Dr. med. Arnold Zilly

Wissenschaft fängt eigentlich erst da an
interessant zu werden, wo sie aufhört.

Justus v. Liebig

Wissenschaft ist nur eine Hälfte, Glauben
die andere.

Novalis

Vorbei scheinen die Zeiten zu sein, in denen nur seherisch begabte, mediale Menschen, Brücken zur Transzendenz, zu meta-physischen Reichen schlagen können. Kristallkugeln und Kaffeesatz haben eine unerwartete Konkurrenz durch die moderne Technik bekommen, nämlich die Tonbandkassette.

Bei Mikroeinspielungen stellt man eine Frage und trotz größter Ruhe im Raum kommt es beim Abspielen der Kassette zu deutlich hörbaren akustischen Signalen, in einer Art Hauchsprache, manchmal auch in Form gutturaler Intonationen, aber auf jeden Fall für normalhörige Menschen deutlich wahrnehmbar und als Sprache identifizierbar. Diese Tonphänomäne erfüllen ein wichtiges Kriterium der experimentellen Naturwissenschaft, nämlich reproduzierbar zu sein. Der experimentelle Beweis der paranormalen "Tonbandstimmenerzeugung" kann in seiner Bedeutung nur mit den großen Entdeckungen der Naturwissenschaft verglichen werden.

Menschen die sich mit Tonbandstimmenforschung auseinandersetzen dürften in drei Lager zerfallen.

Die eine Gruppe leugnet rundweg die Möglichkeit dieser Stimmenphänomäne und beschäftigt sich nur sehr kurz damit. Argumente gegen die Realität der Stimmphänomäne werden aus den erfahrenen Mißerfolgen geschöpft. Erfolgreiche Einspielungen werden als Betrug deklariert; schließlich kommt es zur Wahrnehmungsverweigerung. Mißlungene Einspielungen werden schließlich als sicherer Beweis dafür angesehen, daß es eben doch nicht geht.

Die zweite Gruppe anerkennt die Realität der Stimmenphänomäne, da durch geduldiges Experimentieren der Beweis dafür erbracht werden kann. Die Ursachen für die Stimmen werden in bis jetzt unbekannten Energien des Unterbewußtseins gesehen, die nur noch auf ihre Entdeckung warten.

Die dritte Menschengruppe gehört den Spiritualisten an, die der festen Überzeugung sind, daß es sich um die Stimmen verstorbener Menschen handelt, da oft sinnvolle Sätze zustande kommen, und nicht nur das, manchmal werden treffsichere Prognosen über zukünftige Ereignisse mitgeteilt. Im Gegensatz zu den Spiritualisten, scheint die Gruppe der Animisten, ihrer Erwartung gemäß, eine größere Anzahl sinnloser Stimmen einzuspielen, die dann als indirekter Beweis für animistische Thesen benutzt werden.

Alle drei Gruppen haben aber eines gemeinsam, sie glauben fest daran, daß ihre Meinung die richtige sei, wobei der Gruppe der Spiritualisten am meisten Glauben unterstellt wird; fast mitleidig, in einer Zeit, wo wir doch schon zum Mond fliegen können und der gute alte Mann mit dem weißen Bart nirgendwo gesehen werden konnte.

Worauf ich jetzt eigentlich hinaus möchte, ist eine Untersuchung darüber, was Glauben eigentlich ist, da ohne ein klares Verständnis hierfür, die oben beschriebenen Verhaltensmuster der einzelnen Gruppen und ihre Auswirkungen nicht wirklich verstanden werden können. Man spricht in der Umgangssprache von Glauben, wenn jemand behauptet, etwas sei so, ohne aber direkt oder indirekt durch sinnliche Wahrnehmung die Evidenz seiner Behauptung nachweisen zu können.

In der Geschichte der Menschheit wurde schon viel geglaubt. Blutige Kriege wurden geführt aus Glaubensgründen und wissenschaftliche Irrtümer für Jahrhunderte zementiert. Der Glaube ist im Lichte der Vernunft in Verruf geraten.

Durch historisch bedingte Vorurteile ist man heute nicht bereit, die gewaltige Fortschrittskraft zu erkennen, die im Glauben liegt; einfache Beispiele können dies untermauern. Wer z.B. nicht glauben kann, daß eine weit entfernte Insel erreicht werden kann, trotz dazwischenliegender Wassermassen, wird wohl kaum auf die Idee kommen, ein Schiff zu bauen; wer nicht glaubt, daß unsichtbare Energiefelder existieren, kann weder die Gravitationskraft noch elektromagnetische Felder entdecken. Die Schrittmacher, welcher wissenschaftlichen Disziplin auch immer, müssen an etwas geglaubt haben, sonst hätten sie nichts entdecken können.

Diese Betrachtungsweise des Glaubens ist auf materieller Ebene unmittelbar einleuchtend, aber nicht in der Lage, die tieferen Seelenschichten in ihrer Glaubensfunktion zu erhellen.

Wie kann man z.B. folgende Erscheinung erklären: ein todkranker Mensch glaubt fest daran, gesund zu werden, und er wird es. Ein fähiger Geistheiler heilt zahlreiche Menschen, aber die Heilung klappt am besten, wenn Patient und Heiler fest daran glauben; oder ein Mensch glaubt fest daran, in seinem Leben immer Glück zu haben - und er hat es. (Wie bei der Tonbandstimmenforschung zerfallen die Menschen auch hier in 3 Gruppen: 1) ablehnend 2) animistisch oder 3) spiritualistisch deutend). Sicher sind echte Glaubensheilungen keine alltägliche Erscheinung, aber schon eine einzige wäre zwingend, mehr darüber nachzudenken. Die Beobachtung zeigt, daß die Bewußtseinshaltung wesentlich für Erfolg oder Mißerfolg eines Glaubensaktes ist; der Geist selbst ist die ausschlaggebende und formende Kraft; Glauben, im tiefsten metaphysischen Sinne verstanden, ist eine unmittelbare und schöpferische Funktion des Geistes und schließt das sogenannte exakte Wissen der Naturwissenschaften mit ein - oder anders ausgedruckt - Wissen ist ein Teil des Glaubens. Das Primat hat die schöpferische Kraft des Geistes. Materie ist eine Zustandsform des Geistes und mit ihren Gesetzen durch einen Glaubensakt Gottes entstanden. (Es ist sehr wichtig, die Bedeutung dieser Sätze voll zu verstehen!).

So gesehen wird Meinungsvielfalt überhaupt und natürlich innerhalb der Tonbandstimmenforschung plausibel. Wer glaubt, es gebe nur sinnlose Aussagen bei Einspielungen, läßt durch die gestaltende Kraft seines Geistes auch kaum andere zu - und umgekehrt.

Die Fähigkeit, glauben zu können, gehört zu den höchsten Zielen, die sich ein Mensch setzen kann, da er in diesem Stadium des Bewußtseins wesentlich umfassender denken und fühlen kann, als ein Mensch, der nur auf ein bestimmtes Realitätssystem fixiert ist.

Mittlerweile fragt sich der Leser, was meine Ausführungen eigentlich mit der Tonbandstimmenforschung zu tun haben; nun, sehr viel; der geduldige Experimentator erhält durch die Aufnahme paranormaler Stimmen eine Art Glaubenshilfe; transzendente Energien werden den Sinnen unmittelbar zugänglich; ob Animist oder Spiritualist, der Horizont kann stark erweitert werden; der Wahrnehmungsverweigerer verzichtet auf eine Chance.

Ein anderer Aspekt der Tonbandstimmenforschung ist die besondere Anziehungskraft für Menschen, die sich durch ihre Wahnbereitschaft auszeichnen. Diese Menschen versuchen, ihr krankhaftes In-ihrem-Inneren-Stimmen-Hören, auf das Tonband zu projizieren, um damit die Richtigkeit ihres paranoiden Weltbildes zu beweisen. Für den unkritischen Beobachter entsteht der Eindruck, als ob die Beschäftigung mit der Tonbandstimmenforschung die Paranoia ausgelöst hätte. Vieles spricht aber dafür, daß bereits eine ausgesprochene Wahnbereitschaft vorhanden sein muß; die Beschäftigung mit der Tonbandstimmenforschung kann schlimmstenfalls Auslöser, aber nicht Ursache von seelischen Erkrankungen sein. Hüten wir uns davor, nach mittelalterlicher Manier Vorurteile zu schaffen, die einen bedeutenden Forschungszweig der Parapsychologie vorübergehend lahm legen könnten.


(Quelle: VTF-Post P 22, Heft 4/80)